Ein Appell an das ökologische Gewissen allein reicht nicht, um Menschen zum Umsteigen auf nachhaltige Verkehrsmittel zu bewegen – es braucht das Durchbrechen von Routinen und die Verfügbarkeit attraktiver Alternativen zu einem privaten Pkw.

English version of the management summary see below

Pressemitteilung

St. Gallen, 16. Mai 2023 – Überzeugende, nachhaltige Mobilitätsangebote schaffen und Menschen motivieren, sie auch zu nutzen – das ist der Beitrag, den das “Future Mobility Lab” zur Verkehrswende leisten möchte. Nun liegen die Ergebnisse von “New Mobility Buddys” vor. Es ist die erste Studie des „Future Mobility Lab“. Das Konsortium aus Städten, Verbänden und zentralen Mobilitätsdienstleistern aus Deutschland und der Schweiz wurde im März 2022 gegründet. Initiatoren sind das Institut für Mobilität der Universität St. Gallen (IMO-HSG) und die Kommunikationsagentur fischerAppelt. Die Studie gibt Antworten auf die Frage, wie Menschen ihr Mobilitätsverhalten emissionsärmer und, wo möglich, weniger besitzorientiert gestalten können.

In der Studie wurden 20 private Haushalte in Berlin (DE), Hamburg (DE), St. Gallen (CH) und Zürich (CH) über einen Zeitraum von vier Monaten von Wissenschaftlern – sogenannten Mobility Buddys – bei der Ausgestaltung ihrer Mobilität begleitet und beraten. „Das besondere an dem Studienaufbau ist, dass wir über einen längeren Zeitraum intensiv mit den Teilnehmenden zusammengearbeitet haben. Dadurch haben wir einen umfassenden Eindruck von ihren Mobilitätsbedürfnissen und ihrem Mobilitätsverhalten erhalten”, beschreibt Dr. Philipp Scharfenberger, Vize-Direktor des Instituts für Mobilität an der Universität St.Gallen (IMO-HSG), den Ansatz der Studie.

„Die Haushalte wurden mit der Zielsetzung ausgewählt, möglichst heterogene Lebensumstände abzubilden. An der Studie haben unter anderem Familien mit Kindern, aber auch Single-Haushalte teilgenommen, die im urbanen, suburbanen oder ländlichen Raum leben „, so Jannis Linke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen (IMO-HSG).

Nach einer Messung des bisherigen Mobilitätsverhaltens wurden verschiedene Maßnahmen, die zu einer emissionsärmeren Mobilität beitragen, in einem iterativen Prozess zusammen mit den Haushalten getestet. Insgesamt wurden über 100 Interventionen mit den Haushalten durchgeführt, die in 13 Maßnahmen unterteilt sind: Dazu gehören u.a. die Abgabe des eigenen Pkw sowie der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug, die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs (ÖV), die Nutzung von Shared Mobility Angeboten, z. B. Car- und Mikromobilitätssharing, der Einsatz von Mobilitäts-Apps sowie die Betrachtung von CO2-Emissionen und der Kosten für die eingesetzten Mobilitätsformen (Tank-/Ladekosten, Fahrscheine, Mietkosten für Sharing-Angebote etc.) als beeinflussender Faktor für die Wahl des Verkehrsmittels.

„Es konnte beobachtet werden, dass nur wenige der Teilnehmenden zu Beginn der Studie ihre Mobilitätskosten korrekt einschätzen konnten – diese aber wiederum als zentrales Argument für die Verkehrsmittelwahl nannten. Im Laufe der Studie waren mehrere der Teilnehmenden dann bereit, bewusst Mehrkosten für einen privaten Pkw gegenüber einem Alternativangebot zu zahlen – auch wenn letzteres gut in den Tagesablauf integriert werden konnte. Auch das Aufzeigen von CO2-Emissionen hatte – zumindest als alleinstehender Faktor – in der Regel keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl“, fasst Jannis Linke einige Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit den Haushalten zusammen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich eine erfolgreiche Veränderung des Mobilitätsverhaltens aus drei übergeordneten Dimensionen ableitet: Erstens das Durchbrechen bestehender Mobilitätsroutinen (Verhalten), zweitens die Schaffung und Weiterentwicklung attraktiver Alternativangebote (Angebot) und drittens eine differenzierte Einordnung der Modi (Kontext). Die letztgenannte Dimension hebt hervor, dass der optimale Mobilitätsmix eines Haushalts wesentlich von dessen spezifischen Voraussetzungen und Bedürfnissen sowie dem jeweils verfügbaren Mobilitätsangebot abhängt.

Die Studienergebnisse heben verschiedene Alternativen zu einem privaten Pkw mit einem Verbrennungsmotor hervor: Insbesondere in den urbanen Untersuchungsräumen existiert bereits häufig ein diverses Angebot an geteilten Mobilitätsformen. Ein wichtiger Baustein zur weiteren Steigerung ihrer Attraktivität sind sogenannte Multimodalapps, bei denen mehrere Mobilitätsangebote innerhalb einer Plattform gebucht werden können. Diese Vereinfachung ist aus Nutzenden-Perspektive wichtig, da geteilte Mobilitätsformen häufig nur in ihrem Verbund eine ähnliche Flexibilität wie ein privater Pkw bieten. In Regionen ohne entsprechendes Angebot geteilter Mobilitätsformen konnten CO2-Einsparungen durch die Nutzung elektrischer Fahrzeuge erzielt werden. Gleichzeitig regen die Studienergebnisse dazu an, Potentiale der Emissionseinsparungen durch die Vermeidung nicht notwendiger Wege (z. B. durch die sinnvolle Einbindung virtueller Austauschformate im beruflichen Kontext) weiter zu untersuchen.

„Die Studienergebnisse zeigen, dass Veränderungen zu einer nachhaltigeren Mobilität bereits heute in vielen Fällen möglich sind. Wichtig ist, dass der einfache Zugang zu attraktiven Angeboten der geteilten Mobilität weiter ausgebaut wird. Häufig braucht es zudem wiederholt externe Impulse und Anreize, um etablierte Mobilitätsroutinen zu durchbrechen. Dazu gehört, Menschen durch einfache Informationszugänge und Applikationen einen umfassenden Überblick über die ihnen zur Verfügung stehenden Mobilitätsangebote zu geben“, resümiert Dr. Philipp Scharfenberger.

Bei Fragen zur Studie wenden Sie sich gerne an Jannis Linke, wissenschaftlicher Mitarbeiter IMO-HSG:

The study “New Mobility Buddys” accompanied a total of 20 households in the cities of Berlin, Hamburg, St.Gallen and Zurich over four months and researched how a change in personal mobility behaviour towards lower-emission mobility in everyday life can succeed with mobility solutions available today. The study focused on a behavioural approach.

During the study period, more than 100 mobility interventions were carried out together with the participating households, which were divided into 13 mobility measures: Among others, the abandonment of a privately-owned car, the intensified use of public transport, the use of offers from the field of shared mobility as well as a conscious consideration of resulting CO2 emissions and mobility costs as factors influencing mobility behaviour.

The study concludes that considering CO2 emissions and the transparent comparison of costs as sole factors had a minor influence on mobility decisions in the observed cases. Instead, most users expected an alternative offer that was as functionally and emotionally equivalent as possible to their usual means of transport. Abandoning the only car in a household was rarely possible – especially in rural and suburban areas. In contrast, the majority of households considered abandoning a second car per household a realistic option. In addition, the households described that public transport and shared mobility services were complex and unfamiliar for people with little or no experience using them. Multi-modal apps significantly reduced this perceived complexity and promoted the basic understanding of multi-modal mobility. Access and improved user-friendliness of the charging infrastructure are crucial elements for a higher acceptance of e-cars. In addition, the study results encourage further investigation of potential emission savings by reducing travel, e.g., by integrating virtual exchange formats in the professional context.

In summary, the study results make clear that a successful change in mobility behaviour is derived from three overarching dimensions: First, disruption of existing mobility routines (behaviour); second, the creation and further development of attractive alternative offers (supply) and third, a differentiated classification of modes (context). The latter dimension emphasises that the optimal mobility mix of a household depends essentially on its (a) specific preconditions and needs as well as the (b) mobility offer available in each case – including its strengths and weaknesses in the respective context.

Ein Appell an das ökologische Gewissen allein reicht nicht, um Menschen zum Umsteigen auf nachhaltige Verkehrsmittel zu bewegen – es braucht das Durchbrechen von Routinen und die Verfügbarkeit attraktiver Alternativen zu einem privaten Pkw.

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Pressemitteilung

St. Gallen, 16. Mai 2023 – Überzeugende, nachhaltige Mobilitätsangebote schaffen und Menschen motivieren, sie auch zu nutzen – das ist der Beitrag, den das “Future Mobility Lab” zur Verkehrswende leisten möchte. Nun liegen die Ergebnisse von “New Mobility Buddys” vor. Es ist die erste Studie des „Future Mobility Lab“. Das Konsortium aus Städten, Verbänden und zentralen Mobilitätsdienstleistern aus Deutschland und der Schweiz wurde im März 2022 gegründet. Initiatoren sind das Institut für Mobilität der Universität St. Gallen (IMO-HSG) und die Kommunikationsagentur fischerAppelt. Die Studie gibt Antworten auf die Frage, wie Menschen ihr Mobilitätsverhalten emissionsärmer und, wo möglich, weniger besitzorientiert gestalten können.

In der Studie wurden 20 private Haushalte in Berlin (DE), Hamburg (DE), St. Gallen (CH) und Zürich (CH) über einen Zeitraum von vier Monaten von Wissenschaftlern – sogenannten Mobility Buddys – bei der Ausgestaltung ihrer Mobilität begleitet und beraten. „Das besondere an dem Studienaufbau ist, dass wir über einen längeren Zeitraum intensiv mit den Teilnehmenden zusammengearbeitet haben. Dadurch haben wir einen umfassenden Eindruck von ihren Mobilitätsbedürfnissen und ihrem Mobilitätsverhalten erhalten”, beschreibt Dr. Philipp Scharfenberger, Vize-Direktor des Instituts für Mobilität an der Universität St.Gallen (IMO-HSG), den Ansatz der Studie.

„Die Haushalte wurden mit der Zielsetzung ausgewählt, möglichst heterogene Lebensumstände abzubilden. An der Studie haben unter anderem Familien mit Kindern, aber auch Single-Haushalte teilgenommen, die im urbanen, suburbanen oder ländlichen Raum leben „, so Jannis Linke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen (IMO-HSG).

Nach einer Messung des bisherigen Mobilitätsverhaltens wurden verschiedene Maßnahmen, die zu einer emissionsärmeren Mobilität beitragen, in einem iterativen Prozess zusammen mit den Haushalten getestet. Insgesamt wurden über 100 Interventionen mit den Haushalten durchgeführt, die in 13 Maßnahmen unterteilt sind: Dazu gehören u.a. die Abgabe des eigenen Pkw sowie der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug, die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs (ÖV), die Nutzung von Shared Mobility Angeboten, z. B. Car- und Mikromobilitätssharing, der Einsatz von Mobilitäts-Apps sowie die Betrachtung von CO2-Emissionen und der Kosten für die eingesetzten Mobilitätsformen (Tank-/Ladekosten, Fahrscheine, Mietkosten für Sharing-Angebote etc.) als beeinflussender Faktor für die Wahl des Verkehrsmittels.

„Es konnte beobachtet werden, dass nur wenige der Teilnehmenden zu Beginn der Studie ihre Mobilitätskosten korrekt einschätzen konnten – diese aber wiederum als zentrales Argument für die Verkehrsmittelwahl nannten. Im Laufe der Studie waren mehrere der Teilnehmenden dann bereit, bewusst Mehrkosten für einen privaten Pkw gegenüber einem Alternativangebot zu zahlen – auch wenn letzteres gut in den Tagesablauf integriert werden konnte. Auch das Aufzeigen von CO2-Emissionen hatte – zumindest als alleinstehender Faktor – in der Regel keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl“, fasst Jannis Linke einige Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit den Haushalten zusammen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich eine erfolgreiche Veränderung des Mobilitätsverhaltens aus drei übergeordneten Dimensionen ableitet: Erstens das Durchbrechen bestehender Mobilitätsroutinen (Verhalten), zweitens die Schaffung und Weiterentwicklung attraktiver Alternativangebote (Angebot) und drittens eine differenzierte Einordnung der Modi (Kontext). Die letztgenannte Dimension hebt hervor, dass der optimale Mobilitätsmix eines Haushalts wesentlich von dessen spezifischen Voraussetzungen und Bedürfnissen sowie dem jeweils verfügbaren Mobilitätsangebot abhängt.

Die Studienergebnisse heben verschiedene Alternativen zu einem privaten Pkw mit einem Verbrennungsmotor hervor: Insbesondere in den urbanen Untersuchungsräumen existiert bereits häufig ein diverses Angebot an geteilten Mobilitätsformen. Ein wichtiger Baustein zur weiteren Steigerung ihrer Attraktivität sind sogenannte Multimodalapps, bei denen mehrere Mobilitätsangebote innerhalb einer Plattform gebucht werden können. Diese Vereinfachung ist aus Nutzenden-Perspektive wichtig, da geteilte Mobilitätsformen häufig nur in ihrem Verbund eine ähnliche Flexibilität wie ein privater Pkw bieten. In Regionen ohne entsprechendes Angebot geteilter Mobilitätsformen konnten CO2-Einsparungen durch die Nutzung elektrischer Fahrzeuge erzielt werden. Gleichzeitig regen die Studienergebnisse dazu an, Potentiale der Emissionseinsparungen durch die Vermeidung nicht notwendiger Wege (z. B. durch die sinnvolle Einbindung virtueller Austauschformate im beruflichen Kontext) weiter zu untersuchen.

„Die Studienergebnisse zeigen, dass Veränderungen zu einer nachhaltigeren Mobilität bereits heute in vielen Fällen möglich sind. Wichtig ist, dass der einfache Zugang zu attraktiven Angeboten der geteilten Mobilität weiter ausgebaut wird. Häufig braucht es zudem wiederholt externe Impulse und Anreize, um etablierte Mobilitätsroutinen zu durchbrechen. Dazu gehört, Menschen durch einfache Informationszugänge und Applikationen einen umfassenden Überblick über die ihnen zur Verfügung stehenden Mobilitätsangebote zu geben“, resümiert Dr. Philipp Scharfenberger.

Bei Fragen zur Studie wenden Sie sich gerne an Jannis Linke, wissenschaftlicher Mitarbeiter IMO-HSG:

The study “New Mobility Buddys” accompanied a total of 20 households in the cities of Berlin, Hamburg, St.Gallen and Zurich over four months and researched how a change in personal mobility behaviour towards lower-emission mobility in everyday life can succeed with mobility solutions available today. The study focused on a behavioural approach.

During the study period, more than 100 mobility interventions were carried out together with the participating households, which were divided into 13 mobility measures: Among others, the abandonment of a privately-owned car, the intensified use of public transport, the use of offers from the field of shared mobility as well as a conscious consideration of resulting CO2 emissions and mobility costs as factors influencing mobility behaviour.

The study concludes that considering CO2 emissions and the transparent comparison of costs as sole factors had a minor influence on mobility decisions in the observed cases. Instead, most users expected an alternative offer that was as functionally and emotionally equivalent as possible to their usual means of transport. Abandoning the only car in a household was rarely possible – especially in rural and suburban areas. In contrast, the majority of households considered abandoning a second car per household a realistic option. In addition, the households described that public transport and shared mobility services were complex and unfamiliar for people with little or no experience using them. Multi-modal apps significantly reduced this perceived complexity and promoted the basic understanding of multi-modal mobility. Access and improved user-friendliness of the charging infrastructure are crucial elements for a higher acceptance of e-cars. In addition, the study results encourage further investigation of potential emission savings by reducing travel, e.g., by integrating virtual exchange formats in the professional context.

In summary, the study results make clear that a successful change in mobility behaviour is derived from three overarching dimensions: First, disruption of existing mobility routines (behaviour); second, the creation and further development of attractive alternative offers (supply) and third, a differentiated classification of modes (context). The latter dimension emphasises that the optimal mobility mix of a household depends essentially on its (a) specific preconditions and needs as well as the (b) mobility offer available in each case – including its strengths and weaknesses in the respective context.